Forschungsprojekte 


Ausgehend von der regionalen Entwicklung erforscht das Touriseum die Kulturgeschichte des Tourismus als globales Phänomen aus der Sicht der Reisenden und Bereisten.

Das Architekturbüro Brüder Ludwig

Seit 2024 betreut das Touriseum – Südtiroler Landesmuseum für Tourismus gemeinsam mit der Universität Innsbruck ein Forschungsprojekt mit dem Titel „Das Architekturbüro Brüder Ludwig“. Im Zentrum der Untersuchungen steht die Bautätigkeit der Brüder Alois (1872–1969) und Gustav Josef Ludwig (1876– 1952). Aus Brünn (heute: Brno, CZ) stammend, eröffneten sie nach ihrer Ausbildung bei Otto Wagner bzw. in den USA Büros in München und Bozen und realisierten als Brüder Ludwig bis zum Ersten Weltkrieg zahlreiche Villen, u. a. für den Schriftsteller Thomas Mann. In Wien verwirklichten sie ein großes Verwaltungsgebäude nahe dem Schwarzenbergplatz und in Südtirol so bemerkenswerte Grandhotels wie das Parkhotel Laurin in Bozen und das Palasthotel Wielandhof in Gossensass. 2022 wurden in Meran Originalpläne der Brüder Ludwig wiederentdeckt, die ein Jahr später als Schenkung an das Touriseum übergingen. Von tourismushistorischer Bedeutung sind auch die familiären Zusammenhänge der Architekten. Der Schwiegervater von Alois Ludwig war der ebenfalls aus Brünn stammende Industrielle Friedrich Wannieck (1838–1919). Er war nicht nur langjähriger Kurgast in Meran, sondern auch Bauherr einer Villa und Förderer des lokalen Obst- und Weinbaus. Mit ihm „reisten“ radikale politische Ideen nach Südtirol, die zusammen mit seiner Biografie Gegenstand eines gesonderten Forschungsteils sind.

Kontakt Projektleitung: Priv.-Doz. Dr. phil. Bettina Schlorhaufer, bettina.schlorhaufer@uibk.ac.at
Kontakt Touriseum: Sabine Viktoria Kofler, MA, sabine.kofler@touriseum.it

Tourismus in Südtirol 1961 bis 1983

Die 1960er- und 1970er-Jahre markieren für Südtirol in mehrfacher Hinsicht eine Epochenschwelle: Mit der Ausarbeitung und Annahme des Südtirol-Paketes wurde das Fundament für das Zweite Autonomiestatut des Jahres 1972 gelegt, zugleich avancierte in jenen Jahren der Tourismus zur Schrittmacher-Industrie, er ließ neue Arbeitsplätze entstehen, brachte Investitionen ins Land und bedingte eine neue Konsumkultur. Er schuf Integration und Separation, führte zu Brüchen, bot ungeahnte Chancen, prägte Mentalität und Identität. Im Jahr 1960 zählte Südtirol 3,7 Millionen Nächtigungen, 1980 waren es schon 17 Millionen.

Das Forschungsprojekt des Touriseum - Landesmuseum für Tourismus - Schloss Trauttmansdorff „Tourismus in Südtirol von 1961 bis 1983“ will diese Jahre des sozialen Aufbruchs und die Metamorphose Südtirols Wirtschafts- und Kulturlebens kritisch beleuchten sowie erforschen, wie die Berührung zwischen dem deutsch-österreichischen Wirtschaftswunder und Italiens „miracolo economico“ in der „Scharnierregion“ Südtirol zu einem retardierten Boom und einer Zunahme des Wohlstands für breite Bevölkerungsschichten führten.

Die beteiligten Fachleute fragen sich dabei auch: Hilft die Rückschau auf die Ursprünge des Tourismus in Südtirol und die „Inkubationszeit“ des Südtiroler Wohlstands, um die Tourismusakzeptanz zu reflektieren, ja gar zu festigen? Und wie wurden die in Südtirol lebenden Menschen was sie heute sind? Sie analysieren, wie und wo Akquise und Ausbildung der touristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgten, ob der Zustrom von Urlaubsgästen neue Weltanschauungen ins Land brachte und ob der Tourismus die Lebensweisen, die kulturellen und moralischen Codes der Südtirolerinnen und Südtiroler veränderte. Sie gehen zudem den Fragen nach, inwieweit der Massentourismus das Erfinden von Traditionen bedingte, beispielsweise das Zelebrieren der Törggele-Kultur, ob der Tourismus nach 1961 die bergbäuerliche Kultur in Südtirol rettete oder zerstörte und wie und von wem die alpine Idylle touristisch inszeniert wurde.

Die Forscherinnen und Forscher werden dabei archivalische und bibliographische Quellen sowie Fotoalben, Filmaufzeichnungen und Tagebücher auswerten, aber auch Stimmen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen einfangen (viele Tourismuspionierinnen und -pioniere sind in den 1940er-Jahren geboren und nun bereits über 80 Jahre alt).

Projektstart: August 2023. Das Projekt wird vom Forschungsfonds des Betriebs Landesmuseen gefördert.

Vergangene Forschungsprojekte

Kontaktperson Forschung



MARION LADURNER