Sissi in Meran
Eine kleine Kurstadt steigt zum Nobelkurort auf
Im Oktober 1870 stehen Schützen in Burggräfler Tracht in Meran Spalier, Schulkinder tragen Fähnchen, 6000 Schaulustige recken die Hälse: Ganz Meran wartet auf Kaiserin Sissi, die zum ersten Mal nach Tirol kommt. Auf der Landstraße naht eine Wagenkolonne, an der Spitze ein einfacher Zweispänner, in dem zwei Frauen sitzen. Sie werden von der Menge kaum beachtet. Alles starrt weiter in Richtung Bozen – in Erwartung der Kaiserin. Erst als alle Wagen die Auffahrt nach Trauttmansdorff genommen haben und vom Schlosshof die Landeshymne ertönt, wird den Wartenden klar: Kaiserin Sissi ist längst an ihnen vorbeigefahren. Sie saß in der ersten Kutsche, die man für den Wagen von Hofdamen hielt.
Niemand erkennt Sissi, als sie zum ersten Mal nach Meran kommt, und die Stadt selbst ist auch wenig vorbereitet auf diesen hohen Gast. Wegen seiner sonnigen und windgeschützten Lage wählte die österreichische Kaiserin Elisabeth in den Wintermonaten der Jahre 1870 und 1889 Schloss Trauttmansdorff als Feriensitz. Kaiserin Sissi hat nicht die gepflegten Promenaden und nicht die pompösen Hotels wie andere Kurorte und auch Schloss Trauttmansdorff ist trotz 23 000 Gulden teurer Renovierung für Sissi eine eher spartanische Unterkunft. Dennoch fällt Elisabeths Wahl auf Meran, das in südlicher Lage noch im österreichischen Kernland liegt und immer schon einen Reiz auf blaublütige Besucher ausgeübt hat. Sie verweilte insgesamt vier Mal in Meran, wodurch die kleine Kurstadt große Bekanntheit erlangte und zum Nobelkurort aufstieg.
Die Stadt Meran hält die Erinnerung an den Aufenthalt Elisabeths aufrecht. An der Sommerpromenade steht eine "Sissi"-Statue. Der sogenannte "Sissi"-Weg verbindet Schloss Trauttmansdorff heute mit der Meraner Altstadt. Im Frühjahr 2008 ist übrigens auch ein Buch zu den Aufenthalten der Kaiserin in Meran erschienen. Josef Rohrer erzählt in „Sissi in Meran. Kleine Fluchten einer Kaiserin" nicht die Geschichte einer alles überstrahlenden Herrscherin, sondern richtet den Blick hinter die schillernde Fassade.