Darf es sonst noch was sein?
Tagung des Touriseums auf Schloss Trauttmansdorff
27.-29. Mai 2010
Kellnerinnen und Kellner sind die dienstbaren Geister jedes Gastbetriebs, doch haben sich Gestalt und Aufgaben des Berufs im Laufe der Zeit stark verändert. 19 Referentinnen und Referenten aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien setzten sich unter der wissenschaftlichen Leitung von Konrad Köstlin und Andrea Leonardi im Touriseum mit Entwicklungen, Kontexten und Perspektiven der Serviceberufe im Gastgewerbe auseinander.
Auf der Tagung sind die Entwicklungen in verschiedenen Ländern, in einzelnen Metropolen, in der Stadt und auf dem Land unter die Lupe genommen und die geschlechtsspezifische Positionierung des Berufs herausgearbeitet worden. Dabei sind die wissenschaftliche Sichtweise und diejenige der Praktikerinnen und Praktiker „aufeinandergeprallt".
Auf der „wissenschaftlichen Seite" hat etwa die italienische Wirtschaftshistorikerin Donatella Strangio aufgezeigt, dass im Mittelalter am Hof des Papstes der Kellner eine herausragende Stellung einnahm und als Visitenkarte des päpstlichen Hofes galt. Heute hingegen siedeln Medien und Gesellschaft Kellnerinnen und Kellner in den unteren Regionen sozialen Hierarchie an, wie Siegfried Steinlechner veranschaulicht hat.
Die Volkskundlerin Ines Verena Arnold hat am Beispiel der Stadt Barcelona herausgearbeitet, dass das Verständnis von Gastlichkeit bei Touristen und Einheimischen grundsätzlich unterschiedlich ist. Kellnerinnen und Kellner müsste beiden Vorstellungen gerecht werden. Das, so Arnold, mache er aber nicht, weil er seiner eigenen Vorstellung von Gastlichkeit treu bleiben will. Touristinnen und Touristen empfänden dies als abweisendes Verhalten. Christine Burkhardt-Seebass hat das Verhältnis von Gästen und Kellnerinnen/Kellner in seiner Gesamtheit analysiert und ist zum Ergebnis gekommen, dass „auch Gastsein gelernt sein will". Burckhardt-Seebass bezweifelte, dass in der Überfluss- und Automatengesellschaft der Vorzug des Bedientwerdens nicht mehr wahrgenommen wird.
Brigitte Gasser Da Rui und Annemarie Froidl verwiesen hingegen auf praktische Aspekte des Berufsbildes. Gasser Da Rui, die Direktorin der Landesberufsschule für das Gast- und Nahrungsmittelgewerbe Emma Hellenstainer, zeigte auf, dass die jungen, gut ausgebildeten Nachwuchskräfte im Servicebereich häufig negative Erfahrungen machen und dadurch oft den Beruf wechseln.Brigitte Gasser Da Rui führte es auf die mangelnden Fähigkeiten und Bemühen in der Mitarbeiterführung zurück, dass 40 Prozent der Berufsanfänger schon innerhalb des ersten Arbeitsjahres wieder aussteigen. Annemarie Froidl, die Präsidentin des österreichischen Sommelierverbandes und selbst Wirtin, sagte hingegen, dass die berufsbildenden Schulen sich zu wenig mit der Praxis absprechen würden. „Die Schulen müssen Gastgeber ausbilden und nicht Kellner", so Froidl.
Konrad Köstlin und Andrea Leonardi unterstrichen in ihrem Fazit am Ende der Tagung, dass vor allem das Zusammentreffen zwischen Wissenschaftler und Praktikern in dieser Form zukunftsweisend gewesen sei. Andrea Leonardi: „Das Thema Kellner ist zwar ein Alltagsthema, das uns alle betrifft und zu dem wir alle einen persönlichen Bezug haben, doch die Forschung hat hier noch großen Aufholbedarf. Deshalb war der Austausch zwischen Ethnologen, Historikern, Wirtschaftswissenschaftler, Anthropologen und vor allem Menschen aus dem Berufsleben und dem Ausbildungsbereich sehr befruchtend." Konrad Köstlin betonte, dass Kellnerinnen und Kellner zentrale Figuren im Tourismus seien und dass vor allem auch die Forschung ihren Teil dazu beitragen muss, dass das Bild der Servicefachkraft in der Gesellschaft wieder aufgewertet wird.
Tagungsbericht in der Zeitschrift für Volkskunde
Die wissenschaftliche Tagung diente als Vorbereitung und zur Erweiterung der Perspektiven für eine geplante Ausstellung im Touriseum zur Kulturgeschichte des KellnerInnenberufs.