Die große Küchenschlacht

Ein Beitrag zum Podcast "We need you" des Touriseums

11/07/2023 Podcast "We need you"
Touriseum
von Franz Angerer

Werden Ihnen die unzähligen Kochsendungen im Fernsehen auch etwas zu viel? Geht Ihnen „Lafer, Lichter, Lecker“ auf den Geist? Eine Küchenschlacht jagt die andere - und unser persönliches Körpergewicht und unsere Formen nehmen dank der modernen Konsumgesellschaft unaufhaltbar zu!

Ich möchte Ihnen aber gerne von meiner "Küchenschlacht" im Sommer 1964, also vor knapp 60 Jahren, erzählen: 

Das Ende des Schuljahres nahte und damit der Beginn der Sommerferien - davor aber auch die Verteilung der Schulzeugnisse. Nachdem in pubertärem Alter einige meiner Schularbeiten unterm Jahr nach der Korrektur regelmäßig in tiefrot zurückbekommen hatte und diese eher der Schlacht von Waterloo glichen, musste ich bei der Abschlussbewertung mit allem rechnen. Nun gut - ich bekam doch noch die Chance der Nachprüfungen im September, um eine Versetzung in die nächste Klasse zu erreichen. Meine Eltern – damals Mitbesitzer des Posthotels in Sulden - waren nicht sehr beglückt, um nicht zu sagen: sie waren stinksauer!

Mein Vater entschied ohne lange Diskussion – Einwände waren zwecklos -, dass ich die Ferienwochen in der Hotelküche arbeiten sollte - vielleicht würden mir die Fisimatenten vergehen. Der damalige Küchenchef im Posthotel war zwar wegen seiner ausgezeichneten Kochkünste bekannt, als Person war er nach meinem jugendlichen und etwas rebellischem Empfinden jedoch zum "an-die-Wand-knallen"!

Ich trat also meinen Dienst an, wurde zum Kartoffel schälen, Forellen unter eisigem Suldner Wasser ausnehmen und putzen, Pfannen und Töpfe schrubben, Küchenböden spülen etc. verdonnert. Außerdem gehörte zu meinen Aufgaben das Sammeln von Blättern und Blüten auf den Wiesen und im Wald, welche der Herr Chefkoch zum Anrichten und Verzieren der Teller und Platten benötigte. Das musste aber morgens vor dem Küchendienst erfolgen, also zwischen 5 und 7 Uhr!!!

Nun ja, ich habe mich der Situation angepasst und es gelang mir auch immer, der riesigen Suppenkelle oder der Bratpfanne auszuweichen, die nach mir geworfen wurden, wenn ich wieder mal etwas verhaut hatte oder es nicht so gelang, wie es der große Meister wünschte.

Einmal jedoch gab es schlaflose Nächte:

Es war bereits zum Ende meiner "Dienstzeit", als ich die Teigmasse für einen englischen Plumcake zuerst anrühren, die verschiedenen Zutaten unterziehen und dann das Ganze in die länglichen Kuchenformen füllen durfte.

Und da passierte es: Ich hatte mich tags zuvor leicht verletzt und daher ein kleines Pflaster am Finger. Der Chef hatte das nicht gesehen und ich nicht mehr daran gedacht: Die Kuchenmasse wurde mit Rosinen und kandierten Fruchtstückchen verfeinert und....... plötzlich war auch das Pflaster weg – unauffindbar, bei der Teigmenge!

Die 5-6 vollen Kuchenformen wanderten ins Backrohr.

Aus lauter Angst wurde mir hundeübel; ich hatte nicht den Mut, jemandem von meinem Missgeschick zu erzählen und schon gar nicht mit den anderen Küchenhilfen eine Wette abzuschließen, in welchem Plumcake wohl das Pflaster mitgebacken wurde.

Diese Geschichte blieb so also mein Geheimnis und man hat nie erfahren, welcher Hotelgast das Privileg hatte, das einzigartige "Fruchtstück" zu verspeisen. Bluthochdruck, Koliken, Darmbeschwerden und/oder Bauchschmerzen blieben aus, es gab keine Reklamation - und ich konnte wieder ruhig schlafen!

Am Rande sei noch erwähnt, dass ich es dann doch vorzog, die Oberschule einigermaßen gut mit der Matura zu beenden. Und wer weiß: vielleicht trug gerade dieses „schockierende“ Erlebnis aus der Jugendzeit bei, dass ich schlussendlich beruflich nicht in die familiären Fußstapfen trat.


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Eine Aktion des Touriseums im Rahmen der Sonderausstellung "We need you!"